Werbetruck mit LED-Slogan „Zucker macht’s besser“ fährt durch San Francisco – steile Straße mit Blick auf die Bucht im Hintergrund

🏋️‍♂️ 1977 – Warum sollte ich etwas nehmen, das mein Körper nicht braucht?


🎬 Der Satz, der hängen blieb

Beim Zappen bin ich neulich auf eine Folge von The Streets of San Francisco gestoßen. Staffel 5, Folge 20 – ausgestrahlt 1977.
Arnold Schwarzenegger spielt einen wortkargen Bodybuilder namens Josef Schmidt.

In einer Szene lädt ihn eine Frau in ihre Wohnung ein und bietet ihm eine Limo an, die er jedoch dankend ablehnt:

„You sure you don’t want some pop?“
„No thanks, water is fine.“
„Anti-sugar, huh?“
„Well, why take something the body doesn’t need?“

Ich gehe davon aus: Er wusste es bereits.
Nicht intuitiv. Nicht „gefühlt richtig“. Sondern auf Basis von Training, Disziplin und eben Wissen.
Für ihn war Zucker nichts, was man „vielleicht mal“ zu sich nimmt. Sondern etwas, das der Körper schlicht nicht braucht – also auch nicht bekommt.

Dass die Frau überrascht reagiert, ist bezeichnend.
Zucker war selbstverständlich. Wer darauf verzichtete, galt schnell als schrullig oder extrem. Und Bodybuilding sowieso – als eine Art Ernährungskult mit Muskel-Fetisch.

Dabei ist die Frage ganz einfach:

Warum nehmen wir Dinge zu uns, die unser Körper gar nicht braucht?


⚙️ Zucker – Energie, aber sonst nichts

Raffinierter Zucker ist ein reines Kalorienpaket.
Er liefert Energie, ja – aber sonst nichts: keine Vitamine, keine Mineralien, keine Ballaststoffe. Die WHO empfiehlt, den Konsum freien Zuckers auf unter 25 Gramm pro Tag zu begrenzen (etwa 6 Teelöffel).

Und wie viel nehmen wir in Deutschland täglich zu uns?
Im Schnitt 90 bis 100 Gramm – also das 3- bis 4-Fache.


🍭 Was zu viel Zucker mit uns macht

Zu viel Zucker bleibt nicht folgenlos. Der Körper wandelt ihn in Fett um – besonders dann, wenn der Speicher für schnelle Energie längst voll ist. Die Folge: viszerales Bauchfett, Insulinresistenz, Fettleber. Laut WHO und RKI gehört übermäßiger Zuckerkonsum zu den zentralen Risikofaktoren für Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Adipositas.

Aber es geht nicht nur um den Stoffwechsel – sondern auch ums Verhalten.
Zucker wirkt auf das Belohnungssystem im Gehirn ähnlich wie Nikotin oder Alkohol: kurzfristiger Kick, langfristiger Gewöhnungseffekt.
Man isst weiter, obwohl es längst nicht mehr schmeckt. Oft nicht aus Genuss, sondern aus Automatismus.

Und genau deshalb – auch wenn’s paradox klingt – begrüße ich Shrinkflation. Zum Artikel


🧪 Zucker: Technischer Inhaltsstoff, nicht Nahrungsmittel

Zucker ist längst kein „Lebens“-mittel mehr – er ist ein technischer Stoff mit Funktionen, die für Produkte wichtig sind. Für Menschen? Eher nicht.

1. Konservierung:

Zucker bindet Wasser, hemmt Keime. Praktisch für Marmelade, egal für deinen Stoffwechsel.

2. Textur & Technik:

Bräunung, Luftigkeit, Cremigkeit – Zucker ist der kleine Alchemist im Produktdesign.

3. Geschmacks-Tarnung:

Er überdeckt Bitterkeit, verstärkt Aromen, triggert dein Belohnungssystem. Hello Bliss Point.

4. Fermentation:

Zucker als Mikrobenfutter – funktional, aber oft verzichtbar.

5. Optik & Marketing:

Goldbraun, glänzend, emotional. Zucker verkauft Stimmungen, keine Substanz.

Fazit: Für deinen Körper unnötig. Für die Industrie unverzichtbar.


🏛️ Zucker: Jahrzehnte der Imagepflege

In den 1960er Jahren finanzierte die US-Zuckerindustrie Studien, die Fett zum Sündenbock machten – und Zucker aus der Schusslinie holten. Die Folgen dieser gezielten Meinungspflege wirken bis heute nach.

In Deutschland war Zucker jahrzehntelang ein Symbol für Energie und Lebensfreude.
Die gesundheitlichen Risiken? Wurden systematisch verharmlost – per Werbung, Lobbyarbeit, Produktplatzierung.


📸 Grüne Woche 2025: Zucker auf Hochglanz

Auf dem Vorplatz der Grünen Woche 2025 in Berlin.

Zwei schwarze LED-Trucks im Auftrag der Deutschen Zuckerwirtschaft stehen vor den Messehallen.
Auf den riesigen Bildschirmen laufen abwechselnd Slogans in Blau, Gelb und Grün:

„Zucker macht’s nachhaltig.“
„Zucker macht’s fair.“
„Zucker macht’s besser.“

Daneben das Logo der Branche. Keine Fußnote, keine Relativierung.
Einfach eine Botschaft, die sich selbst genügt.

Menschen laufen vorbei, auf dem Weg zur „Grünen Woche“. Und vermutlich denken viele: Na ja, klingt doch positiv.
Aber worauf basieren diesen Aussagen? Und was genau „macht“ Zucker eigentlich besser?


🧠 Eine Frage, die bleibt

„Why take something the body doesn’t need?“

🔗 Quellen & Verweise

  1. The Streets of San Francisco, Staffel 5, Episode 20: „Dead Lift“ (1977)
    Originalszene auf YouTube
    (Zitatzeitpunkt: Minute 2:48–2:57)
  2. WHO-Richtlinie zu freiem Zucker:
    World Health Organization – Guideline: Sugars intake for adults and children
  3. Durchschnittlicher Zuckerkonsum in Deutschland:
    → Robert Koch-Institut (RKI), Ernährungsstudie, 2020
    rki.de – Ernährung und Nährstoffzufuhr
  4. Einfluss der Zuckerindustrie auf die Forschung (JAMA, 2016):
    → Kearns, Schmidt, Glantz: Sugar Industry and Coronary Heart Disease Research
    JAMA Internal Medicine
  5. Werbeaktion der Deutschen Zuckerwirtschaft auf der Grünen Woche 2025:
    → Eigene Beobachtung + Zuckerverbaende.de – Jahresbericht 2024/2025
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